Kammertachykardien
Einteilung der Kammertachykardien
- Idiopathisch: keine strukturelle Herzkrankheit. Ausflusstrakttachykardie, faszikuläre Kammertachykardie
- I.R. struktureller Herzkrankheiten: KHK, dilatative Kadiomyopathie (häufig Bundle-Branch-Reentry-Tachykardie), ARVC, HOCM
- Ionenkanalstörung: Long-QT-, Brugada-Syndrom (i.R. Torsades-de-pointes-Tachykardien)
- Klinisch: stabil, instabil
- Zeitlich: anhaltend (> 30 Sek.), nicht anhaltend (Definition mindestens 3 VES > 100 bpm und < 30 Sek.)
- Morphologisch: monomorph, polymorph
- Pathophysiologisch: Reentry (KHK), getriggerte Automatizität (Intoxikationen, kongenitale Vitien)
Merke
- Bei bekannter KHK oder Kardiomyopathie ist eine Breitkomplextachykardie mit > 80% Vortestwahrscheinlichkeit eine Kammertachykardie
- Unregelmässige Breitkomplextachykardien sind immer verdächtig auf Vorhofflimmern mit Schenkelblock oder Schenkelblockaberration
- Ausflusstrakttachykardien (oder ventrikuläre Extrasystolen) betreffen typischerweise «herzgesunde» junge Patienten und zeigen eine typische Morphologie im EKG: LSB mit inferiorer Achse, R/S-Umschlag bei V3 oder später bei rechtsventrikulärem Fokus bzw. bei linksventrikulärem Fokus besteht häufig ein früherer R/S-Umschlag (V1/V2). Das Ruhe-EKG ist normal. Es sollte eine Bildgebung mit Frage nach arrhythmogener rechtsventrikulärer Kardiomyopathie (ARVC) erfolgen (Echokardiografie oder MRI), da ventrikuläre Tachykardien i.R. dieser Erkrankung eine ähnliche Morphologie aufweisen können
- Häufige Extrasystolen aus dem Ausflusstrakt können zu einer linksventrikulären Dysfunktion führen
VT Algorithmus nach Vereckei et al EHJ 2007
Morphologie-Kriterien
Ursache
Pathologische QT-Verlängerung (siehe Abbildung «Bazett-Formel» oben) durch
- Häufig: medikamentös bedingt (z.B. Sotalol, Makrolide, Methadon, Antihistaminika usw., verstärkt durch Hypokaliämie und Hypomagnesiämie)
- Selten: genetisch bedingte, familiäre Formen der QT-Verlängerung (Familienanamnese?)
Therapie der Kammertachykardie
- Instabil: Elektrokonversion (EKV) 200 J
- Stabil: Amiodaron (Cordarone) 150 mg langsam iv (Cave: bei schlechter Pumpfunktion EKV sicherer!). Reservemedikation: Procainamid (Pronestyl) Ladedosis 100–200 mg (langsam über 20–30 Min.) iv (Cave: Niereninsuffizienz, schlechte Pumpfunktion oder Hypotonie)
- Idiopathische Kammertachykardie: vagale Manöver, Adenosin oder Verapamil, wenn hämodynamisch stabil. Sonst EKV und/oder Amiodaron. Rezidivprophylaxe mit Verapamil oder Betablocker. Radiofrequenzablation hat gute Langzeiterfolgsrate (> 90%)
Therapie der Torsades-de-pointes-Tachykardie
- Instabil: Elektrokonversion 150-200 J
- Stabil:
- Verursachende Medikamente stoppen
- Magnesium 2 g langsam iv und gegebenenfalls Kalium substituieren (Ziel: Serumkalium > 4.0 mmol/l)
- Gegebenenfalls Überstimulation mit provisorischem PM
- Familiäre Formen: Betablocker und gegebenenfalls ICD-Implantation
- Rezidivprophylaxe akut:
- Provisorischer PM mit tachykarder Stimulation (verkürzt QT-Zeit)
- Rezidivprophylaxe chronisch:
- Vermeidung QT-verlängernde Medikamente
- Rigorose Fiebersenkung
- Familiäre Formen: Betablocker und gegebenenfalls
ICD-Implantation
Prof. Dr. Peter Ammann
Dr. David Altmann
Dr. Dr. Roman Brenner